“Endlich fühlen sich die Richtigen von meiner Webseite angesprochen!”
Aufräum-Coach Esther Schippert arbeitet in einem sensiblen Bereich: Ihre Kunden sind Menschen, die sich für ihre Unordnung schämen und dagegen angehen wollen. Da braucht es eine digitale Ansprache mit Fingerspitzengefühl – gerade in einem konservativen Land wie der Schweiz. Hier erzählt Esther, wie sie durch einen Webseiten-Relaunch ihre Klientel besser erreicht.
Esther, du arbeitest seit acht Jahren als Aufräumcoach. Deine Nische sind Menschen mit Messie-Syndrom. Trotzdem hast du lange Zeit nicht die Kunden bekommen, die du wolltest. War deine Webseite etwa nicht aufgeräumt genug?
Nein, daran lag’s sicher nicht. Die Struktur der Seite stimmte im Großen und Ganzen. Aber die Kundenansprache war nicht nahbar, nicht emotional genug. Mir war es wichtig, fachlich kompetent und seriös rüberzukommen. Dabei ist es gerade bei Menschen mit einem Vermüllungs-Problem total wichtig, sie bei ihren Gefühlen abzuholen.
Und zwar?
Scham spielt eine große Rolle: Die Leute ziehen sich zurück, haben Angst, Besuch zu bekommen. Sie wollen am liebsten nicht mal mehr einen Handwerker ins Haus lassen. Deshalb habe ich meine Webseite mit eurer Hilfe überarbeitet. Jetzt steht schon auf meiner Startseite der Satz: „Du willst endlich wieder Gäste einladen, aber deine chaotische Wohnung ist dir peinlich?“ Das spricht die Emotionen an.
Ich vermute, in deiner Branche ist eine Webseite für den Kundenkontakt wichtiger als persönliche Empfehlungen…
Ja, total. Das Thema ist wirklich vielen unangenehm. Persönliche Weiterempfehlungen funktionieren nur in Institutionen wie Altersheimen, für die ich auch tätig bin. Da beauftragen mich allerdings eher die Heimleitungen als die Bewohner. Aber auch dort wollen viele nicht zugeben, dass sie viele solche Fälle haben und damit nicht zu Rande kommen. Deshalb ist es wichtig, dass sich Menschen über meine Webseite anonym informieren können und genau wissen, was sie bekommen, bevor sie mich direkt kontaktieren.
Und das tun seit deinem Relaunch mehr Menschen – oder andere?
Sowohl als auch. Ich habe etwa 50 Prozent mehr Kunden als früher. Und ich bekomme mittlerweile auch Anfragen aus Deutschland, obwohl ich hauptsächlich in der Schweiz arbeite. Vor allem aber gibt es nicht mehr so viele Kontakte, die am Ende ins Leere führen. Früher haben Leute eher unverbindlich gemailt, nach dem Motto: „Ich frage für einen Freund“, und dann habe ich ein halbes Jahr nichts von ihnen gehört. Die Leute, die mich jetzt suchen und finden, wollen ihr Problem wirklich angehen. Die Abschlüsse sind viel schneller.
"Obwohl ich mein Fachwissen auf meiner Seite jetzt nicht mehr so offensiv betone, muss ich nicht mehr mit Institutionen über meine Tarife diskutieren. Das geht gut zusammen."
Esther Schippert
Aufräum-Coach
Die Kombination aus seriös und nahbar scheint also gut zu funktionieren.
Ja! Obwohl ich mein Fachwissen auf meiner Seite jetzt nicht mehr so offensiv betone, muss ich nicht mehr mit Institutionen über meine Tarife diskutieren. Das geht gut zusammen. Es gehört halt Fingerspitzengefühl dazu, die Texte richtig zu formulieren, insbesondere in der Schweiz.
Huch – was ist denn da anders als in Deutschland?
Die Schweizer sind sehr zurückhaltend und diplomatisch. Sie mögen es nicht, wenn man mit der Tür ins Haus fällt. Während des Populär-Programms habe ich manchmal gedacht: Super Input – aber für meine Kunden muss ich einen halben Gang zurückschalten. Aber das klappt ganz gut.
Du wirkst jetzt auf deiner neuen Webseite wie eine zupackende, gute Freundin, die sagt: “Ich weiß, was du durchmachst, gemeinsam packen wir das. Schau, ich hab schon den Wäschekorb zum Sortieren in der Hand.”
Ich wollte sichtbarer auf meiner Seite werden, auch als Mensch. Da ich lange Zeit auch als Fotografin gearbeitet habe, fiel es mir nicht schwer, gute Bilder von mir zu machen, mit Selbstauslöser. Und weil du vorhin gefragt hast: Ein klein bisschen habe ich die Seite auch aufgeräumt. Die Benutzerführung mit Hilfe von Icons ist jetzt noch selbsterklärender. Und die Seiten sind alle im einheitlichen Design. Ich habe richtig Lust, mit der Seite zu arbeiten.
"Ich werde mittlerweile von Journalisten angefragt (...) es hat mir gezeigt, dass es sich lohnen könnte, noch systematischer auf Journalisten zuzugehen."
Esther Schippert
Aufräum-Coach
Das heißt, du machst jetzt auch mehr eigenen Content?
Ja, ich habe wieder angefangen, regelmäßig zu bloggen, wenn auch nicht nach einem festen Zeitplan. Es fällt mir jetzt leichter, spannende Themen zu finden und rauszuhauen. Und meine Artikel werden besser gefunden, weil ich sie auf die entsprechenden Keywords hin optimiere, also zum Beispiel „Messie-Hilfe Zürich“, „Bin ich ein Messie“, „Wie helfe ich einem Messie“.
Hat sich sonst noch was verändert, seitdem du die Webseite überarbeitet hast?
Ja, tatsächlich: Ich werde mittlerweile von Journalisten angefragt. Und zwar vor allem, nachdem ich parallel noch einen Verein für Menschen mit Messie-Syndrom gegründet habe.
Machst du denn systematisch Pressearbeit für den Verein?
Nein, gar nicht. Er ist einem Journalisten von der Lokalzeitung aufgefallen und er hat darüber geschrieben. Nach dessen Bericht hat mich eine Redakteurin aus der Zentralredaktion angerufen, um eine Homestory mit mir zu machen, zum Thema Aufräumen und Umzug. Danach klopfte sogar das Fernsehen an.
Das ist ja ein Sechser im Lotto! Hat es geklappt?
Leider nicht. Sie wollten eine Story mit einem Klienten machen, und das ist ein No-Go für mich. Das ist den Leuten zu unangenehm. Aber es hat mir gezeigt, dass es sich lohnen könnte, noch systematischer auf Journalisten zuzugehen.
"Alles, was ich (im Programm) gelernt habe, lässt sich auch auf andere Bereiche anwenden. Ich weiß, dass ich vorher auch schon gut in meinen digitalen Auftritten war – aber jetzt bin ich noch besser. Und das gibt mir ganz viel Sicherheit."
Esther Schippert
Aufräum-Coach
Ist das dein nächstes Projekt?
Ja, nur fehlt mir momentan die Zeit dafür. Denn wenn man Pressearbeit richtig professionell machen will, ist sie nicht weniger aufwändig als der Beruf, mit dem man sein Geld verdient. Deshalb setze ich im Moment eher auf die Strategie, mich bei potenziellen Kunden noch bekannter zu machen. Nicht nur als Aufräum-Coach.
Was machst du denn noch?
Ich arbeite als Resilienzcoach mit Schulen zusammen. Gerade habe ich ein Tool entwickelt für mehr Fokus und Flow im Klassenzimmer. Das Tool kann ich mit meinem Wissen aus “Populär!” viel einleuchtender präsentieren. Denn das ist ja das Schöne an dem Programm: Alles, was ich dort gelernt habe, lässt sich auch auf andere Bereiche anwenden. Ich weiß, dass ich vorher auch schon gut in meinen digitalen Auftritten war – aber jetzt bin ich noch besser. Und das gibt mir ganz viel Sicherheit.
Esther Schippert
Esther Schippert, 56, arbeitet als Aufräumcoach in Zürich. Sie hilft Menschen, ihre Ordnungsprobleme anzugehen. Außerdem berät sie Angehörige und Experten aus der Pflege, die mit dem Messie-Syndrom konfrontiert sind.
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