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Diese E-Mails an Journalisten kommen direkt aus der Hölle

Auf Twitter gibt es einen Hashtags namens „PR from hell“. Journalisten twittern dort, wenn ihnen mal wieder eine besonders gruselige Pressemitteilung untergekommen ist. Hier eine Auswahl von PR-Meldungen, die so richtig aus der Hölle kommen – mit Erklärung: Was ist daran denn nun so schlimm?

Beispiel #1: Du benutzt unverständliches Fachchinesisch

Warum kommt das direkt aus der Hölle?

Weil ich keine Ahnung habe, was Value-Added-Casings Wursthüllen sind. Ich meine: WURSTHÜLLEN!

Warum muss man bei diesem Thema ein Vokabular benutzen, für das man mindestens ein Wirtschaftsstudium braucht? Wurst ist was Bodenständiges.

Wortblasen, die irgendwie bedeutungsvoll klingen, die aber kein Mensch versteht, sind da Mist. Merke: Was Journalisten nicht nach dem ersten Lesen kapieren, kommt mit 99%iger Sicherheit in den Müll.

Beispiel #2: Schlechte Wortwitze

Ha, da wollte aber jemand witzig sein. Durchbruch bei Türschutz – na, merkste? Is’n Wortspiel. Haha.

Leider nur eines, das gründlich danebengeht: Wer will bei Türschutz schon an Durchbruch denken? Das klingt wie Einbruch. Und ist damit absolut nicht die richtige Message, wenn man PR im Sicherheitsbereich macht.

Lasst Wortwitz in Pressemitteilungen einfach sein, liebe Leute. Ihr verschwendet Zeichen – denn was denn hier das Neuartige ist, kommt kein bisschen rüber. Einfach, weil da jemand zu verliebt in seine tolle Überschrift war. 

Beispiel #3: Du glaubst, der Journalist druckt einfach deine Info ab

Was mag sich der Absender wohl gedacht haben?

Dass die Redaktion sich ganz doll freut, wenn ihr Arbeit abgenommen wird, indem man einen fertigen Artikel einsendet?

Was macht die arme Redaktion aber dann mit den vielen, vielen anderen fertig eingesandten Artikeln, die täglich so auflaufen?

Heute mal 200 Seiten Zeitung drucken statt 30? Das ist unbedingt eine Überlegung wert. Die Umformulierung in „Anzeigenblatt“ ist dann nur noch eine Formalie.

Ironie beiseite: Pressemeldungen werden in den allermeisten Fällen nicht einfach veröffentlicht.

Sie sind die Grundlage für eine Entscheidung: Steckt da eine Geschichte dahinter? Oder die Grundlage für einen kurzen Artikel, etwa eine Ankündigung für ein Event. Aber auch dann nimmt der Redakteur Pressemitteilungen nur als Basis, um die wichtigsten Informationen herauszufiltern.

Wer meint, Mitteilungen würden einfach abgedruckt, beleidigt den Journalisten und seine Arbeit. Und outet sich als absoluter Laie.

Beispiel #4: Du verschwendest die Zeit des Journalisten

Erwähnte ich schon einmal, dass Journalisten wenig Zeit haben? Sie wollen sich nicht durch Datenmengen wühlen. Sie wollen, dass man ihnen Arbeit abnimmt.

Das bedeutet: Drei, vier besonders gute Bilder in guter Auflösung, aber nicht zu riesig (damit der Download nicht ewig dauert), fertig.

Und nehmt euch doch bitte die Zeit, einen Ordner nur für die Presse einzurichten. „Branding Resources“? Da wird der Journalist ja geradezu mit der Nase darauf gestoßen, Teil einer PR-Maschinerie zu sein! Und auf sowas, näääh, darauf hat er keine Lust.

Beispiel #5: Du wirfst leere Phrasen umher

Leicht übertrieben – diese Wertung ist für einen solchen Email-Einstieg noch ziemlich untertrieben.

Fragen wir uns tatsächlich alle: „Sein wie Uber oder nicht so sein wie Uber“??!?

Wohl kaum.

Wer Sinnfragen stellt, der sollte auch Tiefgang bieten. Und nicht so dermaßen blöd überhöhen.

Anscheinend kämpfen viele PR-ler mit ihrem allerersten Satz. Der soll irgendwie interessant klingen, meinen sie wohl.

Ich kann da nur sagen: Ein erster Satz, der WIRKLICH interessant für mich ist, enthält eine gute Geschichte, interessante Zahlen, eine starke Meinung oder sonst irgendetwas, das ich gut gebrauchen kann.

„Sein wie Uber oder nicht sein wie Uber“ ist ein Satz, den man komplett streichen könnte. Es wäre nichts verloren.

Beispiel #6: Du schreibst offensichtliches nieder

Wieder jemand, der wohl eine Einleitung schreiben sollte – und dabei Offensichtliches festgestellt hat.

Dem Verfasser wäre es zu wünschen, einen Kurs über Effizienz beim Schreiben zu besuchen. Denn wer effizient schreibt (was alle Journalisten unglaublich zu schätzen wüssten), der streicht Sätze wie diese – und kommt stattdessen einfach mal gleich zum Punkt.

Beispiel #7: Du hast keine Ahnung, wer der Journalist ist und was er macht

Warum kommt das direkt aus der Hölle? Weil Herr Jacobsen sich nicht mit dem Thema Knigge beschäftigt.

Ich weiß das, weil ich ihn kenne.

Wenn man sich einmal näher mit Herrn Lenz beschäftigen würde, wüsste man, dass er großartig über die Flüchtlingskrise berichtet und sich ziemlich gut mit der Türkei auskennt.

Warum also schickt man ihm eine solche Email? Hausaufgaben nicht gemacht, sechs, setzen! 

Beispiel #8: Du stellst dein Produkt in den Vordergrund

Im Ernst? Fruchtgummis als „echter Hingucker“? Liebe Leute, übertreibt ihr da nicht ein ganz, ganz kleines bisschen?

Wer solche Meldungen verfasst, offenbart, dass ihm einfach nix anderes eingefallen ist. Wie denn auch: Über Fruchtgummis dürfte doch auch schon alles gesagt sein, oder?

Problem: Wer ausschließlich das Produkt zum Zentrum seiner PR macht, wird Journalisten nur schwerlich begeistern.

Oder erwartet da tatsächlich jemand, dass der Funke überspringt und ein Redakteur angefixt von der Buntheit dieser „geswirlten“ Süßigkeiten denkt: „Hm, da müsste man doch mal ´ne Geschichte machen…!“

Nee, echt nich’.

Warum das hier nicht taugt? Weißt du mittlerweile selbst, oder?

Dazu fällt auch mir nur eines ein: Ach was.

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Marike Frick

Marike Frick

Marike Frick ist ausgebildete Journalistin und zeigt Unternehmern und Einzelkämpfern, wie sie ihre Pressearbeit selber machen können. Ihre Texte sind u. a. in DIE ZEIT, Brigitte Woman, Financial Times Deutschland, Spiegel Online und Business Punk erschienen. Sie lebt mit ihrer Familie derzeit in Genf, glaubt an die tägliche Ration Kaffee (Barista-Style) und liebt gut gemachte TV-Serien in Kombination mit dunkler Schokolade und Rotwein.

2 Gedanken zu „Diese E-Mails an Journalisten kommen direkt aus der Hölle“

    1. Ich frage mich auch manchmal, ob die Schreiber nicht selbst lachen müssen, wenn sie "bunt geswirlte Fruchtgummis" als "echten Hingucker" bezeichnen.
      Aber wer weiß, ob wir es besser könnten, wenn der Kunde eine Pressemitteilung verlangt und nicht darauf hören will, dass reine Produkt-PMs nicht sonderlich gut funktionieren… Der erste Lernschritt sollte für jedes Unternehmen sein: Hände weg von solchen langweiligen (und unfreiwillig komischen) Verlautbarungen!
      Das ist aber leider ein Schritt, den viele nicht zu gehen bereit sind.
      Viele Grüße dir!

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