“Nach einem Beitrag in der ARD brach mein Shop zusammen”
Du träumst davon, dein Produkt vor hunderttausende Menschen zu bringen? Das ist kein Zauberwerk. Die Schmuckdesignerin Jenny Tausendfreund erzählt, wie sie es mit ihrem Schmuck in eine große Fernsehsendung geschafft hat – und worauf man bei der Pressearbeit unbedingt achten sollte.
Jenny, anders als viele meiner Kundinnen bist du nicht Dienstleisterin, sondern verkaufst deine eigenen Schmuckstücke. Worin liegt für dich der größte Unterschied in der PR-Arbeit für Produkte und in der für eine Dienstleistung ?
Ich empfinde es als Riesenvorteil, ein Produkt zu verkaufen. Zunächst mal brauche ich mir nie die Frage stellen, wie ich ein Thema bebildere. Ich habe professionelle Fotos von allen Schmuckstücken, die können sich die Journalisten auf meiner Webseite anschauen. Denn oft entscheiden sie ja auch nach Optik, ob ihnen ein Thema gefällt oder nicht. Außerdem habe ich durch mein Handwerk gleich mehrere Zugänge zur Presse: Meine Schmuckstücke selbst, aber auch den Herstellungsprozess – und meine persönliche Geschichte.
Erzähl doch mal!
Meine Schmuckstücke sind alle handgemacht und sehr besonders. Ich gieße Naturmaterialien wie zum Beispiel Gräser und getrocknete Blüten in Epoxidharz ein, lasse sie trocknen und schneide die Platten dann zurecht. Anschließend montiere ich die Stücke meist in Silberfassungen.
Das klingt toll. Was hat dich dazu inspiriert?
Eine Reise nach Island vor einigen Jahren. Die Isländer haben ja ein ganz besonderes Verhältnis zur Natur, das hat mich berührt. Einmal saß ich während der Reise auf einer Wiese und dachte plötzlich: Wenn hier keine Feen leben, dann weiß ich auch nicht, wo.
Und das hat dich auf die Idee für deine Ketten, Ringe und Ohrringe gebracht?
Ja, daraus entstand tatsächlich meine erste Kollektion: “Feengärten”. Und die Schmuckstücke stießen gleich auf so viel Interesse, dass ich meinen Marketingjob aufgegeben habe, um mich ganz dem Schmuckdesign zu widmen. Neustart mit Ende 30 – auch das finden viele Medien als Thema spannend.
"Ich wusste nicht, wie Journalisten nach Interviewpartnern suchen. (...) und dass es einen selbst als Interviewpartner nichts kostet, wenn man in einem Magazin erscheint."
Jenny Tausendfreund
Schmuck-Designerin
Ist ja auch ein mutiger Schritt! War dir denn vorher klar, dass es auf diesem Markt mega viel Konkurrenz gibt, etwa durch Hobby-Verkaufsportale wie Etsy?
Ja, das wusste ich. Bevor ich meinen eigenen Shop hatte, habe ich ja selbst auch meine Sachen bei Etsy verkauft. Auf diesen Portalen findet sich allerdings auch die ganze Bandbreite an Produkten, von wirklich schönen Stücken bis zu Arbeiten von Hobbybastlern. Mir hat diese Art von Konkurrenz Selbstbewusstsein gegeben, ich dachte mir: Das kann ich besser. Außerdem habe ich durch die Naturmaterialien ja einen ganz eigenen Stil, da kümmern mich die Mitbewerber nicht so.
Als du dich selbstständig gemacht hast, war dir da klar, wie Pressearbeit funktioniert?
Nein, überhaupt nicht. Ich dachte, man muss bezahlte Anzeigen in Medien schalten. Ich wusste nicht, wie Journalisten nach Interviewpartnern suchen. Dass sie für den redaktionellen Teil ständig Bedarf haben an interessanten Menschen, Geschichten und Produkten. Und dass es einen selbst als Interviewpartner nichts kostet, wenn man in einem Magazin erscheint.
Wie bist du deine Pressearbeit denn konkret angegangen?
Erst habe ich mit eurer Hilfe meine Startseite überarbeitet und die Sätze darauf so prägnant formuliert, dass man auf einen Blick sieht, was ich mache. Das hilft, damit Journalisten darauf anspringen. Und ich habe meine Hintergrundgeschichte im “Über mich”-Bereich ausführlicher erzählt. Dann habe ich erstmal gründlich recherchiert: Wer ist eigentlich wer in einer Redaktion, welche Redaktionen sind für mich interessant? Ich passe mit meinen Produkten zum Beispiel gut in Frauenmagazine, Naturmagazine, spirituelle Zeitschriften. Und dann habe ich geschaut: Wer sind in den Redaktionen meine Ansprechpartnerinnen? Schließlich habe ich zwei Mails vorformuliert: eine mit Schwerpunkt auf meinem Produkt, eine mit Schwerpunkt auf meiner persönlichen Story.
"Und so lief ein Beitrag über mich im ARD-Hauptprogramm. Innerhalb von zwei Wochen kamen bei mir 150 Bestellungen für Schmuckstücke rein. So viele, dass mein Shop kurzzeitig in die Knie ging, weil der Server überlastet war."
Jenny Tausendfreund
Schmuck-Designerin
Und wie hast du die Optik mit reingebracht? Du hast ja anfangs gesagt, gute Bilder ziehen bei Journalistinnen.
Wichtiger Punkt! Ich habe nicht nur schöne Produktfotos gemacht, sondern auch ein professionelles Shooting gebucht, um mich bei meiner Arbeit fotografieren zu lassen. Ich ahnte, dass diese Kombi bei der Pressearbeit zieht.
Es ja dann auch schnell geklappt mit dem Presse-Erfolg.
Ja, ich war selbst ganz überrumpelt. Schon kurz nachdem ich die erste Mail rausgeschickt hatte, hat sich eine Redakteurin der “Bild der Frau” gemeldet. Die wollte gleich eine Doppelseite mit mir machen, ein Porträt von mir und meiner Arbeit. Danach nahm es dann richtig Fahrt auf: Ich war zwei weitere Male mit Produkttipps in der “Bild der Frau”– und in etwa zehn anderen Magazinen wie “Bella”, “Alles für die Frau”, “I am”, “Herzstück”. Und im Fernsehen war ich auch, zuerst im Berliner ARD-Regionalsender RBB …
Wow, im Fernsehen warst du auch? Das ist ja der Jackpot. Wie kam es dazu?
Über einen ganz verrückten Umweg! Ich hatte es mit meiner Geschichte in den Newsletter vom “Tagesspiegel” geschafft, einer Berliner Tageszeitung. Den hatte die RBB-Redakteurin abonniert und wurde so auf mich aufmerksam. Nachdem sie mich fürs Regionlaprogramm porträtiert hatte, kam ein Team vom “ARD-Buffet” auf mich zu. Und so lief auch noch ein Beitrag über mich im ARD-Hauptprogramm.
Was passierte nach der Ausstrahlung?
Innerhalb von zwei Wochen kamen bei mir 150 Bestellungen für Schmuckstücke rein. So viele, dass mein Shop kurzzeitig in die Knie ging, weil der Server überlastet war. Das Timing des TV-Beitrags war einfach perfekt für mich.
Warum denn?
Es war zufällig sechs Wochen vor Weihnachten, und Schmuck ist eine super Geschenkidee. Das hat mir nochmal klar gemacht, dass auch der Zeitpunkt bei der Pressearbeit wichtig ist. Wenn Themen einen konkreten zeitlichen Aufhänger haben, laufen sie oft noch besser.
"Es hilft, einen Fuß in der Tür zu haben: also persönliche Kontakte zu Journalisten aufzubauen und die auch zu pflegen. Dann ist es wahrscheinlicher, dass sie ein zweites oder drittes Mal auf dich zukommen."
Jenny Tausendfreund
Schmuck-Designerin
Wenn du jetzt mal ganz nüchtern die Buchhalterbrille aufsetzt: Hast du durch deine Presse-Erfolge deine Investitionen schon wieder rausgeholt, also z.B. die Ausgaben für die Fotoshootings oder für unseren Presse-Rockstar-Kurs?
Ja, und zwar erstaunlich schnell. Das Geld war schon wieder drin, als ich meinen Schmuck noch im Nebenjob verkauft habe, und hauptberuflich in Festanstellung war. Auch das hat mir Mut gemacht, mich komplett selbständig zu machen und mit dem Schmuck meinen Traum zu verwirklichen.
Pressearbeit hört ja nie auf, man muss immer wieder neu für Aufmerksamkeit sorgen. Wie sorgst du dafür, dass der Buzz nicht abreißt?
Es hilft, einen Fuß in der Tür zu haben: also persönliche Kontakte zu Journalisten aufzubauen und die auch zu pflegen. Dann ist es wahrscheinlicher, dass sie ein zweites oder drittes Mal auf dich zukommen oder dich mit deinen Themen in andere Ressorts weiterreichen. Und man kann sich besser selbst wieder ins Gespräch bringen: “Hey, ich hätte da wieder was für euch, wäre das eine Idee?” Und dort, wo es bisher nicht geklappt hat, kann man immer freundlich nachfassen.
Hast du einen Tipp, wie das Nachfassen am besten klappt? Vielen ist das ja unangenehm.
Nicht reinsteigern, nicht so rüberkommen, als hätte man es super nötig. Neulich erst hat es bei mir endlich geklappt mit einer Veröffentlichung in der “Landlust”. Die hatte ich schon ganz oft mit Ideen angeschrieben, und am Ende haben sie sich von ganz allein gemeldet.
Was ist dein nächstes großes Projekt in Sachen Schmuck und mit der Pressearbeit?
Ich habe hundert neue Ideen, aber ein besonderes Steckenpferd von mir ist seit einiger Zeit “Erinnerungsschmuck”: Dafür schicken mir Menschen zum Beispiel Fell, ein Zähnchen oder auch Asche ihres verstorbenen Hundes, und ich fertige daraus Medaillons. Das ist natürlich aufwändiger und teurer als die Stücke aus meinen anderen Kollektionen. Aber die Nachfrage ist groß. Menschen finden es tröstlich, wenn ihr geliebtes Tier auf diese Weise noch bei ihnen sein kann. Ich habe schon überlegt, ob ich mit diesem Thema aktiv auf Tierzeitschriften zugehen soll.
Was lässt dich zögern? Fürchtest du, das Thema kommt nicht so gut an?
Ganz im Gegenteil – ich fürchte eher, dass es zu gut ankommt! Und dass dann die Resonanz so groß ist, dass ich sie nicht bewältigen kann! Schließlich bin ich ein Ein-Frau-Betrieb, und die Schmuckstücke sind nicht in zwei Stunden gemacht. Aber, klar, das ist ein Luxusproblem – ich hätte nie gedacht, dass ich dank guter Presse mal darüber nachdenken muss, wie ich meine Aufträge bewältigen kann…
AUSSCHNITTE VON JENNYS VERÖFFENTLICHUNGEN
Jenny Tausendfreund
Jenny Tausendfreund stellt seit 2018 Schmuckstücke aus Naturmaterialien und Epoxidharz her. Was als Hobby und Nebenerwerb begann, ist inzwischen ein erfüllendes Business. Sie verkauft sowohl fertige Kollektionen als auch individuelle Stücke. Hier geht es zu ihrer Webseite.
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